Abzug der 25. Panzerdivision

In Übereinstimmung mit dem Beschluss des ZK der KPdSU und des Ministerrates der UdSSR über die Verringerung der Stärke der Streitkräfte und der konventionellen Waffen wurde durch den Generalstab der Streitkräfte der UdSSR der Entschluss gefasst, im Sommer 1989 vier Panzerdivisionen (u.a. die 25. PD Vogelsang und die 32. PD Jüterbog), eine Fla-Ra Brigade, mehrere Luftlande- und Luftsturmabteilungen, chemische Abteilungen, mehrere Ausbildungseinheiten und andere Truppenteile vom Territorium der DDR abzuziehen sowie einige organisatorisch-strukturelle Veränderungen durchzuführen, um den reinen Verteidigungscharakter der Warschauer Vertragsstaaten zu unterstreichen bzw. zu bekräftigen. [1]

Dieser vom 05.08. bis 06.08.1988 auf der Tagung des Politisch Beratenden Ausschusses (PBA) der Teilnehmerstaaten des Warschauer Vertrages in Warschau getroffenen Beschluss und dessen Ergebnisse wurde E. Honecker durch den sowj. Botschafter Kotschemassow am 04.12.1988 mitgeteilt. Grundgedanke war, den sowjetischen Streitkräften einen stärkeren Verteidigungscharakter zu verleihen. Gleichzeitig erfolgte die Reduzierung der Armee und Seekriegsflotte um 1 Million Mann. Interessant ist hier, dass die sowjetische Seite ein Veto E. Honeckers befürchtete und dessen Einwand abwartete. Ob dieser Gewicht gehabt hätte sei dahingestellt. Immerhin sollte sich die Stärke der GSSD um 50.000 Mann und 5.000 Panzer reduzieren. E. Honecker stimmte den Vorschlägen zu und beurteilte diese Maßnahmen als wichtiges Signal im Abrüstungsprozeß. [7]

Inhalt der Beschlußsache


Die 25. Panzerdivision (PD) und die dazugehörigen sst. Truppenteile (wie z.B. die Truppenluftabwehr) waren auch Teil des Kontingents und wurden in die UdSSR zurückverlegt und dort teilweise aufgelöst.

Generalmajor Iwanow bat zusätzlich in seinem Schreiben vom 28. Februar 1989 um eine Organisierung des rechtzeitigen Informationsaustausches über aufgedeckte Aufklärungsabsichten des Gegners, die Konzentrierung der Kontrollen von Personen die wegen Spionagetätigkeit im Blickfeld der Militärabwehr der Gruppe (KfS, GRU) und des MfS (HA II) lagen, um die Ausarbeitung eines Maßnahmenkomplexes zur Aufdeckung und Verhinderung möglicher Aufklärungstätigkeiten durch den Gegner und um die Verhinderung möglicher Provokationen antisozialistischer Elemente im Zuge der Übergabe der von der GSSD freigezogenen Objekte.

In die Sicherungsmaßnahmen waren mehrere Diensteinheiten des MfS und der sowjetischen Militärabwehr (Operativgruppen) involviert:
HA I (u.a. Abwehrarbeit in den Führungsorganen), der HA II (Spionageabwehr), HA III (u.a. ELOKA, Funkelektronische Abwehr/Funkaufklärung) und HA XIX (u.a. Absicherung Militärverkehr bei der Deutschen Reichsbahn). Die Erläuterung der einzelnen Maßnahmen bzw. Aufgabenbereiche sind im Artikel "Militärspionage & Abwehr" nachzulesen. Deren Sicherungsmaßnahmen sind im Zuge ihrer Aufgaben umfangreich dokumentiert und in den Beständen der BStU erhalten geblieben. Für den Standort Vogelsang ist die "Operativgruppe Vogelsang und Fürstenberg" ausgewiesen.


Einzelheiten der Rückführung

Die Rückführung der Ketten- und Rädertechnik erfolgte aus der Garnison Vogelsang in 3 Etappen. Die Rückführungstransporte der Ketten- und Rädertechnik, der Munition, des Personalbestandes, sowie weiterer Technik unterschiedlicher sst. Truppenteile der 25. Panzerdivision (PD), erfolgte in den Zeiträumen 16.04. - 09.06.1989 (27.03. - 26.08.) mit ca. 25 (48) Eisenbahntransporten über die Verladebahnhöfe Vogelsang und Prenzlau und schließlich über die Grenzübergangsbahnhöfe Grambow und Frankfurt/Oder. Im Landmarsch führte die Route über den Autobahn-Grenzübergang FORST. [6]
In der 2. Etappe wurden für die Rückführungstransporte der Ketten- und Rädertechnik der 25. PD im Zeitraum vom 11.05. - 02.06.1989 am Bahnhof Vogelsang 150 schwere Flachwagen (SSamm, Samm [<18 m], SSyms, Salp, RRamm [>80 t], Rmms, Rlmmp) auf den Nebengleisen zur Nutzung bereitgestellt.

Die offizielle Verabschiedung der 25. PD, erfolgte am 12. Mai 1989 auf dem Bahnhof Prenzlau. [3] Die Organisatorischen Absprachen zur praktischen Umsetzung der Rückführungsaufgaben fanden in den vorangegangenen Monaten zwischen dem Leiter "Spezielle Transport- und Bauaufgaben" (STBA) und dem Chef Militärtransportwesen (MTW) der GSSD statt. Darin wurde das Volumen der Transporte prognostiziert.


Das MTW der DDR schätzte im Schreiben vom 07.02.1989 den Gesamtbedarf der Eisenbahntransportkapazität für die Rückführung einer Panzerdivision auf 5.000 Waggon, die insgesamt ca. 160 Züge bilden würden. Offensichtlich war der geschätzte Umfang des MTW allein mit Hilfe der Reichsbahn auf den Schienenwegen bis Brest nicht zu realisieren (u.a. lange Laufzeiten der Waggon, Leerfahrten), weshalb der Leiter der STBA die Hochseeschifffahrt und die Eisenbahnfähre Mukran als weitere Option in Betracht zog. [3]  

Dieser Vorschlag wurde aber Ende März 1989 in einem Schreiben des Ministers für Nationale Verteidigung (H. Keßler) an Genossen E. Krenz wieder verworfen. In einem Schreiben des Leiters der HA I an den Stellvertreter des Ministers vom 27. April 1989 wurde die reale Anzahl der geplanten Züge für die 3 Etappen der Rückführung auf 199 beziffert. In einer Information der HA XIX vom 03. Juli 1989 sind bis zum 02. Juli 1989 insgesamt 82 Züge abgefahren.

Da die Transportbewegungen der 3. Etappe der Rückführung in den Monaten Juli und August 1989 genau in die Ferienzeit (Kinderferienlager, Ferienaustausch DDR/Polen) fielen, beantragte der Minister für Verkehrswesen der DDR beim Generalsekretär E. Honecker einen Aufschub der Transporte ab der zweiten Augusthälfte. Dieser Bitte wurde durch die sowjetische Seite stattgegeben.  


Übersicht der Rückführungstransporte von den Bahnhöfen Vogelsang und Prenzlau

Ein Transport bestand durchschnittlich aus 10-20 schweren Plattenwagen sowie 1-6 Mannschafts- und 1-3 geschlossenen Waggon.

16.04. und 22.04.1989: je 1 Zug (26 Waggon) Munitionstransport über Frankfurt/Oder, weiterer Munitionstransport aus Vogelsang am 17.10.1989 [4]
12.05. - 09.06.1989: 24 Züge vom Abgangsbahnhof Vogelsang und 19 Züge aus Prenzlau. [4]


23.08.: 1 Zug aus Vogelsang über den Grenzübergangsbahnhof Grambow

Im Landmarsch

20.05. - 22.06.1989 8 Kolonnen mit insgesamt 700 Fahrzeugen über AGüst FORST [6]

Gesamtübersicht der Truppenverbände, ihrer Standorte, die Verladebahnhöfe und die Anzahl der Züge


Parallel zur Truppenrückführung verlief zudem eine ganze Reihe Umdislozierungen von Militäreinheiten. Für den Standort Vogelsang sind 2 Umdislozierungen vermerkt. In das freigezogenen Objekt des sst. Pionierbataillons wurde eine Kompanie der chemischen Abwehr aus Bernau verlegt. Das Freigewordenen Gelände der Panzerdivision wurde mit einer sst. Kompanie ZBV aus Prenzlau belegt. Ein anderes FlaRakRgt trifft aus der UdSSR ein und das Mot.-Sch.-Rgt Drögen wird nach Vogelsang verlegt. [5]  

Liste der abgezogenen Verbände, Truppenteile und Einheiten vom Standort Vogelsang: [5]

FlugabwehrRaketenRegiment, Pionier Batallion, Nachrichten Batallion, Aufklärungsbatallion, Batallion materielle Sicherstellung, Batallion Chemische Abwehr, Sanitärbatallion, Instandsetzungsbatallion   


Mit dem Abzug der 25. Panzerdivision und dessen Stab "verlor" der Standort Vogelsang seinen Status und Charakter als "Divisionsstandort". Ab dieser Zeit erfolgten vermehrt Umdislozierungen verschiedener Einheiten und Truppenteile von und nach Vogelsang. Weshalb eine Bestimmung der TT und Einheiten (und Anzahl der Militärangehörigen vor Ort) äussert schwierig macht. 

(Quellen: [1] HA II 30189 Bl. 209, [3] HA XIX 8698 Bl. 2, [4] HA II 22588 Bl. 36, [5] HA II 24399 Bl. 612;623-624;626-627, [6] HA I 234 Bl. 232-233, [7] VA-01/32663_BA-MA)

Stand: 08.12.2018